Märchenhaft: antike viktorianische Schuhe

Liebe Vintage Treasure Freunde, Schuhe – wieviele habt ihr? Ein Paar, zwei Paar, drei Paar….Eine Online-Befragung des  Kölner Meinungsforschungsinstituts YouGov hat im Jahr 2014 ergeben, dass deutsche Frauen durchschnittlich 17,3 Paar Schuhe besitzen! Bei weitem nicht ganz so viele besaßen die Frauen im 19. Jahrhundert. Aus dieser Zeit dürften diese antiken Schuhe stammen. Und sind deshalb eine absolute Rarität!

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Beim Anblick dieser antiken Schuhe muss ich direkt an zwei Märchen der Gebrüder Grimm denken: So ähnlich müssen sie ausgesehen haben, die Schuhe, die die Prinzessinen in dem Märchen „Die zertanzten Schuhe“ Nacht für Nacht zertanzt haben. Oder sind es etwa die Schuhe von Aschenputtel? Die das arme Mädchen heimlich auf den Bällen trug? Und wovon einer bei der Flucht vor dem Prinzen verloren ging und diesen zu ihr führte?

Antike Schuhe zeugen vom Glanz vergangener Tage

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Bei welchen rauschenden Festen diese antiken Damenschuhe ihre Trägerin wohl durch die Nacht getragen haben? Sie sind so kunstvoll gearbeitet:  Ganz schmal sind sie und laufen vorne spitz zu. Die grüne Seide dieser alten Abendschuhe für Damen ist leicht verblichen. Auf jedem Schuh sind winzige kleine Glas-Perlen aufgestickt. Zwischendrin blitzen Reste von Goldsprengseln.

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Den Spann ziert eine kleine Schleife. Ein kleines Strasselement funkelt mittig auf der Schleife.

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Die große Schuhlasche ist ebenfalls mit einem Perlenornament kunstvoll verziert.

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Seitlich hält eine kleine Perle den Riegel zum Verschließen.

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Französische Schuhmode aus Hamburg

Solche zauberhaften antiken Schuhe können eigentlich nur aus dem Land der Mode, aus Frankreich, stammen. Bei genauerer Betrachtung entdeckt man im Schuh einen verblichenen Firmennamen. „Arthur Gerville… Hamburg“. Hamburg? Moment mal, das ist nicht Frankreich!

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Aber ich habe im Internet recherchiert und bin auf zwei Adressbucheinträge gestoßen. Demnach lebte tatsächlich ein Arthur Gerville in Hamburg. Er handelte mit Schuhen und wird bereits 1847 erwähnt. In dem Adressbuch heißt es „Fabrik und Lager von französ. Fusszeug für Export und Detail, Neuerwall No. 68“. Und in einem anderen Eintrag: „Geo Arthur Gerville, Fabrik und Lager von Fusszeug, Herrmannstrasse 11“. Doch die Schuhmode war nicht immer so fein. Blickt man weit auf die Geschichte des Schuhs zurück, so sieht man am Anfang eher undefinierbare „Lappen“ an den Füßen der Ur-Menschen.

Die Geschichte des Schuhs – ein kurzer Überblick

Die ersten Schuhe waren eigentlich keine richtigen Schuhe. Es waren Lappen aus Blättern oder Leder bzw. Fell, die sich die Menschen um die Füße wickelten, um diese zu schützen. Dabei waren die Menschen auch damals schon erfindungsreich, um möglichst bequem laufen zu können: Ötzi, die Gletschermumie trug Bärenleder mit einem Heupolster. In manchen Regionen trug man statt Leder auch geflochtene Bastschuhe. Oder Sandalen. Sie waren beispielsweise in der römisch-griechischen Antike im wahrsten Sinne des Wortes der Renner! Im Mittelalter trug Mann bzw Frau wendegenähte Schuhe, das heißt Schuhe, die zunächst auf Links genäht und zum Tragen dann umgekrempelt wurden. Im Spätmittelalter beherrscht der Schnabelschuh aus Leder die Schuhmode. Er ist ganz lang und läuft vorne spitz zu.  Wie ein Schnabel. Als Unterschuh des Schnabelschuhs trugen Frauen wie Männer eine sogenannte (Holz-) Trippe. In den nächsten Jahrhunderten folgen der falache breite Hornschuh sowie die Chopinen, das sind Stelzenschuhe. Letztere waren teilweise so hoch, dass die Trägerin sich nur noch mit fremder Hilfe auf ihnen fortbewegen konnte. Jeder Spaziergang wurde damit zu einem halsbrecherischen Unterfangen. Im 16. Jahrhundert ist die Schuhmode stark vom osmanischen Reich beeinflusst und der Absatz hält bei den Damenschuhen Einzug. Sind im 17. Jahrhundert wegen der langen Kleider Schuhe mit langen Spitzen gefragt (sie blitzten dann unter dem Kleid hervor), tragen die Damen der Empire-Zeit zarte flache Schuhe.  In der Biedermeierzeit sind kurze dunkle Stiefel der letzte Schrei. Ab Mitte des 19 Jahrhunderts, um 1850, ändert sich mit der Mode der Schuh. Die Krinoline, ein Reifrock, ist populär geworden. In Kombination mit einem Korsett verstärkte sie  die weiblichen Rundungen. Passend dazu bekommen die Schuhe wieder mehr Absatz.

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Alter Schusterleisten – er gibt die Form des Schuhs vor.

Ab 1900 werden die Absätze etwas höher. Gleichzeitig kommen etwas sportlichere Schuhe heraus. Es sind Halbschuhe zum Schnüren mit einem kleinen Absatz. In den 20ern, wo die pailettenbestickten Charleston-Kleider Mode werden, sind die Schuhe ebenfalls aufwändiger bestickt. So schillernd die Kleider sind, so schillernd sind auch die Schuhe: aus feinen Stoffen oder goldenem und sibernem Leder. Außerdem zieren Pailetten und Perlen das Schuhwerk. In den 30er und 40er Jahren werden die Schuhe wieder etwas schlichter und der Absatz breiter. De Kehrtwende kommt in den 50er Jahren: Spitze Pumps mit Pfennigabsatz. In den 70ern sind Schuhe mit Plateau in, während die 80er auf schrille Farben und exzentrische Formen bei Schuhen setzen. Mittlerweile, so scheint es mir, gibt es heute keinen eindeutigen Trend mehr: Sneaker sind salonfähig. Im Sommer auch FlipFlops. Stiefel, Schuhe mit und ohne Plateau, Keilabsatz… alles ist erlaubt, wenn’s gefällt.

Antike Schuhe aufbewahren und pflegen
Alte Kinderschuhe
Alte Kinderschuhe
  • Licht meiden: Ob die alten Schuhe aus Stoff oder Leder sind – sie sollten auf keinen Fall starkem Licht ausgesetzt werden. Denn dadurch können die Farben verblassen bzw. aufhellen und die Materialien brüchig werden.
  • Motten abwehren: Bei antiken Schuhen mit Stoff besteht die Gefahr, dass sie Motten anziehen. Sie fressen Löcher in Stoffe. Um die Schuhe vor diesen gefräßigen Tieren zu schützen, sollte man Mottenkugeln oder ein Säckchen Lavendel bei den Schuhen deponieren. Aber bitte dran denken: Die Mottenmittel müssen regelmäßig erneuert bzw. ausgetauscht werden!
  • altes Leder pflegen und auffrischen: Hierzu gibt das lederzentrum.de Tipps….

Wer von alten Schuhen noch nicht genug hat, kann noch mehr alte Schuhe in den Schuhmuseen bewundern. Ich habe hier für euch eine Liste zusammengestellt. Schuhmuseeen in Deutschland

  • Schuhmuseum Hauenstein: www.museum-hauenstein.de
  • Klever Schumuseum: www.klever-schuhmuseum.de
  • Deutsches Schuhmuseum im deutschen Ledermuseum: www.ledermuseum.de
  • Schrattsche Schuhsammlung im Heimatmuseum Oberstdorf: www.heimatmuseum-oberstdorf.de
  • Historisches Schuhmuseum Pflanz: www.schuhhaus-pflanz.de
  • Salamanderausstellung
  • Schuhmuseum Schloss Neu-Augustusburg: www.museum-weissenfels.de
  • Schuhmuseum Pirmasens: www.pirmasens.de

Das war’s für heute. Liebe Grüße, Eure Selma

5 Meinungen zu “Märchenhaft: antike viktorianische Schuhe

  1. Björn sagt:

    Hallo Selma,
    tolle alte Schuhe, nur 17,5 Paar im Durchschnitt – wow – da habe ich glatt die doppelte Menge 😉
    Aber nicht so schöne alte Schuhe, die sehen wirklich Klasse aus – die normale Landbevölkerung konnte davon natürlich nur träumen.
    Bis in die erste Hälfte des letzten Jahrhundert hinein gab es im Odenwald sogar noch Menschen, die mit Strohschuhen umher laufen mussten. Dies traf meist auf Kinder zu.
    Kaum zu glauben in unserer heutigen Zeit.
    Klasse Fundstück, hat mir sehr gut gefallen 🙂
    Liebe Grüße
    Björn 🙂

  2. Marion sagt:

    Hallo Selma….total schöne Erinnerung an vergangene Zeiten…ja, auch ich musste an die Märchen denken☺
    17.5 Paar Schuhe im Durchschnitt…oh nein, ich gehöre nicht zum Durchschnitt. ..
    ☺☺

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